Frühkindliche Reflexe

Die Integration der Frühkindlichen Reflexe erschafft für das gesamte Leben das neurologische Fundament, auf dem jede weitere körperliche, emotionale und geistige Entwicklung aufbaut. 

Wird dieses wichtige Fundament bereits im Kindesalter – möglichst noch vor der Einschulung – errichtet, steht die gesamte Energie des Menschen für reife Prozesse unter Verwendung aller Gehirnbereiche zur Verfügung. Möglichen späteren schädigenden Einflüssen im Leben kann der Betroffene ein stabiles Fundament entgegensetzen, diesen kraftvoll begegnen und an den Herausforderungen wachsen.

Zu den reifen Reaktionen unter Verwendung des gesamten Gehirns gehören

  • Das gut organisierte und durchgeführte schulische und berufliche Lernen,
  • Die Fähigkeit Schreiben und Lesen zu erlernen und mühelos zu verwenden
  • Die Fähigkeit, das mit allen Sinnen Wahrgenommene (Gehörte, Gesehene, Gefühlte usw.) zu verarbeiten und darauf sprachlich und / oder schriftlich oder in anderer Weise handelnd zu reagieren,
  • Die Fähigkeit, Gedanken, Empfindungen und Gefühle in gesprochene und geschriebene Wörter umzusetzen,
  • Die Fähigkeit, mit neuen Herausforderungen zuversichtlich umzugehen,
  • Die Fähigkeit, Ziele zu erreichen,
  • Ein stabiles dynamisches und statisches Gleichgewicht,
  • Eine gesunde Körperhaltung und Stellung der Gelenke,
  • Ein stabiles Immunsystem,
  • Die Erlangung sportlicher Fähigkeiten,
  • Das positive Gelingen eines emotionalen und sozialen Miteinanders,

und vieles mehr.

Was versteht man unter Frühkindlichen Reflexen?

Frühkindliche Reflexe entstehen während der Schwangerschaft und der Geburt, sowie kurz danach aufgrund der neuen Bedingungen außerhalb der Gebärmutter:
Der erste Atemzug, die Veränderung der Sinnesempfindungen, der Schwerkraftverhältnisse, dem Leben ohne Nabelschnur.
Sie entwickeln sich nach einem natürlich vorgegebenen Plan und werden unbewusst von den Überlebenszentren im Hirnstamm gesteuert.

In einer ersten Interaktion mit der Mutter dienen die Frühkindlichen Reflexe dazu, den Geburtsprozess vorzubereiten, durchzuführen und erfolgreich ins eigene Leben zu kommen.
Aus der Sicht der Systemischen Pädagogik kann man sagen, dass die Mutter auf diese Weise die erste Arbeitsstelle im Leben eines Menschen darstellt.

Kurz nach der Geburt und im Laufe des ersten Lebensjahres bzw. spätestens mit Erreichung des 4. Lebensjahres werden die Frühkindlichen Reflexe zugunsten reifer Bewegungen und reifer Haltungsleistungen unter Verwendung des ganzen Gehirns abgelöst und gehemmt.
Nach der Geburt entwickelt sich das Gehirn parallel zur handelnden Erfahrung in der Welt außerhalb der Gebärmutter zu einem umfangreichen neuronalen Netzwerk weiter und fördert neue Entwicklungsmöglichkeiten und umgekehrt (s. dazu die Erkenntnisse des Entwicklungspsychologen Jean Piaget zur Sensumotorischen Entwicklung in den ersten Lebensjahren).

Was können die Folgen von nicht oder ungenügend integrierten Frühkindlichen Reflexen sein?

Der Betroffene benötigt viel Energie, um die unbewusst und automatisiert ablaufenden unreifen Bewegungs- und Haltungsmuster für seinen Lebensalltag auszugleichen. Diese Energie fehlt ihm für die mühelose Durchführung aller o.g. Fähigkeiten.
Als Folge können eine erhöhte Stressanfälligkeit , mangelnde Aufmerksamkeit, Konzentration und Ausdauer bis hin zu ADHS, Lernstörungen bis hin zu Legasthenie und Dyskalkulie, Auffälligkeiten der Sprache, Ängste, unbeabsichtigte impulsive Handlungen, immer wiederkehrende Beziehungskonflikte usw. auftreten.
Die Schwierigkeit besteht darin, dass der Betroffene gar nicht weiß, wohin seine Energie „verloren“ geht, da der Ablauf sich unbewusst vollzieht und er es im Leben möglicherweise noch nie anders erlebt hat. Er weiß gar nicht, wie es sich „richtig“ und damit mühelos anfühlen würde.

Wie stelle ich fest, dass eine mangelhafte Integration Frühkindlicher Reflexe vorliegt?

Wichtig sind eine genaue Verhaltensbeobachtung, Anamnese, sowie – falls vorhanden – fachärztliche Befunde.
Bei den anamnestischen Daten erhalten alle Ereignisse und Verhaltensweisen während der Schwangerschaft und dem Geburtsvorgang selbst, sowie in den ersten Lebensjahren eine besondere Beachtung und können die Betreuung der Mütter und Kinder durch die Hebammen, sowie die kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchungen und verordneten Maßnahmen sinnvoll ergänzen.
Selbst wenn es rein äußerlich keine Auffälligkeiten in dieser Zeit gab, kann ich durch die beobachteten Verhaltensauffälligkeiten im Kleinkindalter und im späteren Leben, sowie gezielte Untersuchungen herausfinden, ob eine Integration eines oder mehrerer Frühkindlichen Reflexe erforderlich ist.
Jenseits der ersten Lebensjahre können Unfälle oder emotionale Krisen im späteren Leben dazu beitragen, dass ein oder mehrere Frühkindliche Reflexe erneut aktiviert werden. In diesem Fall werden durch die existenzielle Bedrohung die Überlebenszentren im Gehirn aktiviert und müssen schnell, d. h. am Bewusstsein vorbei, reagieren. Auf diese Weise kann der Betroffene in bereits überwundene Reflex-Muster zurückfallen, die ihm fortwährend wieder Energie abziehen, ohne dass er hierzu einen Zugang hat und findet.

Meine praktischen Erfahrungen mit der Integration Frühkindlicher Reflexe

Seitdem ich mich mit der Untersuchung und Integration Frühkindlicher Reflexe beschäftige, ist mir klar geworden, wie wesentlich diese für die weitere Entwicklung im gesamten Leben eines Menschen sind.
Da sie zu den frühesten Reaktionen im Leben eines Menschen gehören, bilden sie das Fundament für die weitere gesunde körperliche, seelische und geistige Entwicklung vom Säuglingsalter beginnend bis ins hohe Alter.
Wenn das Fundament schon wackelt, wie soll sich dann ein weiteres gesundes Leben aufbauen und entwickeln können?

So durfte ich durch meine Arbeit erfahren, wie befreiend es auch für Erwachsene sein kann, wenn es mir gelang, die Hintergründe ihrer Beschwerden in Form von nicht integrierten Frühkindlichen Reflexen zu diagnostizieren und zu therapieren. Dies bezog sich sowohl auf langjährige körperliche Beschwerden, wie auch auf den Umgang mit emotionalen Belastungen und die soziale Interaktion.

Bei welchen Auffälligkeiten kann eine Integration frühkindlicher Reflexe hilfreich sein?

Nachfolgend einige Beispiele, bei denen ich durch die Integration Frühkindlicher Reflexe zusammen mit anderen Methoden der Neuro-Kinesiologie eine deutliche Veränderung im Verhalten und im Befinden bewirken konnte:

Bei Säuglingen und Kleinkindern

  • Schreibabies
  • Probleme bei der Nahrungsaufnahme
  • Allergien und Unverträglichkeiten
  • Allgemeiner Entwicklungsrückstand
  • Unklare und diffuse Ängste und / oder Aggressionen z. B. bei Veränderungen von Gewohnheiten und / oder in neuen Situationen und / oder in der Mutter-Kind-Interaktion

Bei Kindern

Körperliche Symptome:

  • Auffälligkeiten und / oder Entwicklungsrückstände
  • Feinmotorik : Stifthaltung, Fingerausdifferenzierung, Kraftdosierung, Schneiden, Benutzung von Essbesteck,
  • Auge-Hand-Koordination, Mitbewegung von Mund und Zunge beim Malen / Schreiben, unklare Händigkeit
  • Grobmotorik: Auffälligkeiten beim Treppen gehen, Klettern, Rennen, Springen, Bewegungen mit statischem und dynamischem Gleichgewicht, homolateralen und kontralateralen Bewegungen, steife Bewegungen, „Tollpatschigkeit“, Schwierigkeiten beim Fahrradfahren
  • Häufige Erkrankungen durch Schwächung des Immunsystems
  • Sprache : Artikulation, Mundschluss, Atmung, Stimmgebung, sprachlicher Ausdruck
  • Aufmerksamkeit, Konzentration, Ausdauer, Konzentration…
  • Sinnessysteme: Hyperakusis, erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Kleidung und / oder Berührung., erhöhte Empfindlichkeit im Mund- und Gesichtsbereich; Auffälligkeiten bei der visuellen Wahrnehmungsverarbeitung

Emotionale Auffälligkeiten

Bei Schulkindern und Jugendlichen

Bei Erwachsenen

Bei Auffälligkeiten im Verhalten bis hin zu Kinder- und Jugendpsychiatrischen Diagnosen nach ICD 10, MBS oder DMS 5 sowie Diagnosen im Erwachsenenalter

Wie macht sich eine Integration der Frühkindlichen Reflexe bemerkbar?

Sobald die Frühkindlichen Reflexe integriert sind, verfügt der Betroffene möglicherweise über einen Zuwachs an Energie, da die für die Kompensationsleistung erforderliche Energie ihm jetzt erstmals in seinem Leben oder erneut wieder zur freien Verfügung steht.
Der Betroffene wird nicht mehr unbewusst durch seine Reflexe am „Leben“ gehindert und kann sich neuen bewussten Aufgaben zur weiteren Lebensbewältigung stellen.

Nach meiner Erfahrung entsteht das beobachtete Verhalten häufig aufgrund mehrerer Ursachen. Die fehlende Integration der Frühkindlichen Reflexe kann eine Ursache davon sein.
Sie wird meiner Meinung und Erfahrung nach zu häufig aus Unwissenheit übersehen. Aufgrund der Entstehungszeit halte ich die Integration Frühkindlicher Reflexe mittlerweile für eine der wesentlichsten Ursachen, auf der sich weitere Themen ansammeln können.
Meine langjährige und breitgefächerte Berufs- und Lebenserfahrung, sowie meine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Therapeuten, Hebammen, Ärzten, Ergotherapeuten, Physiotherapeuten, Logopäden, Lehrern, Erziehern u. a. ist für das gemeinsame Gelingen hin zu einer gesunden Entwicklung hilfreich.

Meine Vorgehensweise ersetzt bei festgestellten oder beobachteten Auffälligkeiten keinesfalls eine gründliche fachärztliche Diagnostik und begleitende Behandlung, kann aber wegweisende zusätzliche Hinweise  dafür geben und die Betroffenen spürbar stabilisieren.

Was sind die wichtigsten Frühkindlichen Reflexe?

1. Furcht-Lähmungs-Reflex = FLR
2. Babkin-Reflex
3. Greif-Reflex
4. Plantar-Reflex
5. Tonischer Labyrinth-Reflex =TLR
6. Asymetrisch-Tonischer-Nacken-Reflex = ATNR
7. Spinaler Galant-Reflex
8. Symetrisch-Tonischer-Nacken-Reflex = STNR
9. Moro-Reflex
10. Such- Reflex
11. Saug-, Schluckreflex (Schluckreflex besteht lebenslang, kann aber beeinträchtigt sein)
12. Spinaler Perez-Reflex
13. Babinsky-Reflex
14. Tonischer-Labyrinth-Reflex = TLR
15. Landau-Reflex

Die folgenden Reflexe bestehen lebenslang, können aber in Ihrer Funktion beeinträchtig sein
1. Bonding
2. Amphibien-Reflex
3. Segmentärer Roll-Reflex
4. Labyrinth-Kopfstell-Reflex = LKR
5. Augen-Kopfstell-Reflex = AKR

Darüber hinaus gibt es noch sinnesspezifische Schutz-Reflexe, die das gesamte Leben über bestehen bleiben und harmonisiert ablaufen sollen.
1. Auditorische Reflexe
2. Visuelle Reflexe
3. Akustischer Orientierungsreflex
4. Reflexe für Geschmack und Geruch

Was muss bei der Arbeit mit der Testung und Behandlung Frühkindlicher Reflexe unbedingt beachtet werden?

Bei der Testung der Frühkindlichen Reflexe ist aus meiner praktischen Erfahrung heraus größte Vorsicht geboten: Bestehen Restrekationen bei einem oder mehreren Reflexen, können diese durch eine Testung wieder aktiviert werden. Eine solche Aktivierung kann den Körper überfordern und zu unerwünschten Reaktionen führen, da er noch keine alternativen Strategien gelernt hat. Dies kann bei bestimmten Reflexen bis hin zu einer Reaktivierung eines Traumas führen, was unverantwortlich wäre und unbedingt vermieden werden muss. Daher untersuche ich die Reflexe nach Möglichkeit schonend mit anderen Methoden. Falls eine aktive Testung unbedingt erforderlich sein sollte, kläre ich vor dem Test genau ab, ob ich für die Untersuchung diesen bestimmten Reflex auslösen darf.

Auch aus diesem Grund ist für die verantwortungsbewusste Arbeit mit Frühkindlichen Reflexen eine fundierte Ausbildung und einschlägige berufliche Vorbildung erforderlich.

Wie integriere ich Frühkindliche und Sinnesspezifische Reflexe?

Für die Integration der Frühkindlichen Reflexe arbeite ich nach dem Konzept von Hugo Tobar „Die Primitiven Reflexe und der Hirnstamm“ . Dies ist eine Methode der Gehirnkinesiologie .
Mit Hilfe dieser Methode kann ich gezielt das feine Zusammenspiel der verschiedenen

  • Sinnessysteme (Riechen; Fühlen: auf der Haut, der Schwerkraft, der Stellung der Gelenke, der Spannungszustand der Muskulatur; Schmecken; Hören; Sehen),
  • der Hirnstammareale : „Verkehrsknotenpunkt“ zur Sicherung des Überlebens: Aufrechterhalten von Bewusstheit und Wachheit, Atmung u. a. Funktionen
  • des Kleinhirns: Modulation des Muskeltonus und der Emotionen,
  • der Basalganglien: Erlernen neuer Bewegungsabläufe, Feinabstimmung und Automatisierung von Bewegungen, Bewegungsmotivation und Fehlerkorrektur,
  • dem limbischen System mit der Amygdala (Uremotionen), Hippocampus (Kurzzeitgedächtnis)
  • dem Thalamus: „Tor zum Bewusstsein“, d. h. dort wird die Auswahl getroffen, welche und wie alle Sinnesreize zum Großhirn zur weiteren Verarbeitung weitergeleitet bzw. aussortiert werden
  • dem Präfrontalen Kortex: Arbeitsgedächtnis, Handlungsplanung, Strategien, Entscheidungen, Befehl zur Handlungsausführung u. a.,
  • anderen Verarbeitungszentren im Gehirn und
  • im Peripheren Nervensystem: Muskeln, Gelenke, Haut

herstellen und harmonisieren.

Die Konsolidierung der Reflex-Integration erreiche ich zusätzlich durch:

  • Die Übungen aus dem Rhythmic-Movement-Training ( RMT) nach Dr. Harald Blomberg, die über die Arbeit der Behandlung nach Hugo Tobar hinaus Reifungsprozesse im Bereich der Gehirnentwicklung anregen und festigen können.
  • Die Übungen aus der Edu-Kinesthetik / Brain Gym® nach Gail und Paul Dennison,
  • den Methoden der Sensorischen Integration (SI) nach Jean Ayres und
  • den Problem-Lösenden-Alltags-Geschehnissen (PLAG) nach Felice Affolter
  • und anderen Methoden aus dem Bereich der Neuro-Kinesiologie und Heilpädagogik.

Aufgrund der vorangehenden gehirnspezifischen Behandlung nach den Erkenntnissen von Hugo Tobar verkürzt sich nach meiner Erfahrung die Übungszeit im Vergleich zu der ausschließlichen Behandlung mit RMT („Rhythmic-Movement-Training“ nach Dr. Harald Blomberg) wesentlich. Dies ist für die betroffenen Kinder, Eltern und Erwachsenen sehr erleichternd und hilfreich.

Voraussetzung für meine Arbeitsweise ist mein differenziertes Wissen der Anatomie und Physiologie des Zentralen – und Peripheren Nervensystems , meine langjährigen praktischen Erfahrungen mit den Krankheitsbildern im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Kinderheilkunde, die handelnde Umsetzung der Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie und Entwicklungsneurologie als Heilpädagogin, sowie zunehmend auch die praktische Erfahrung mit den Krankheitsbildern im Bereich der Erwachsenenmedizin.
Sehr gerne arbeite ich wertschätzend mit Kollegen anderer Disziplinen für einen gemeinsamen Behandlungserfolg zusammen.